Polizeilicher Mehraufwand – auch bei deiner Demo?

Mit am 14. Januar 2025 verkündetem Urteil hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die Erhebung einer Gebühr für den polizeilichen Mehraufwand bei „Hochrisikospielen“ der Fußball-Bundesliga in der Freien Hansestadt Bremen mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Konkret ging es darum, ob ein Gesetz, in dem das Land Bremen Gebühren für den polizeilichen Mehraufwand bei erfahrungsgemäß gewaltgeneigten Großveranstaltungen mit mehr als 5.000 Personen, verfassungsgemäß ist. Anlass waren sogenannte Risikofußballspiele, bei denen erfahrungsgemäß Hooligans gewaltsam vorgehen, sodass ein großer Polizeiaufwand nötig ist. Das kostet viel Geld, obwohl das Land an dem Fußballspiel eigentlich nicht viel verdient – denn die Einnahmen aus Tickets und Vergabe der Ausstrahlungsrechten macht die DFL. Das Gericht nahm Abwägungen vor. Einerseits stehen die Berufsfreiheit sowie das Gemeinwohlinteresse an der Durchführung von Fußballspielen durch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und der Integrationsleistung des Fußballs. Andererseits steht das öffentliche Interesse, die Allgemeinheit nicht mit den Kosten des polizeilichen Mehraufwands zu belasten. Aufgrund des gewinnorientierten Charakters der Veranstaltung überwiegt das Interesse der Allgemeinheit, nicht mit hohen Kosten belastet zu werden, die auch der Veranstalter tragen kann und dennoch weiter Gewinne macht.

Eine Entscheidung, die grundsätzlich zunächt einmal nachvollziehbar ist.

Im Vorfeld kamen allerdings Bedenken auf, ob dies nicht auch für andere Veranstaltungen gelten könnte, etwa für den Kölner Karneval oder große Demonstrationen. 

So weit würde das Bremer Gesetz aber gar nicht greifen. Zunächst einmal geht es nur um den polizeilichen Mehraufwand bei geplanten Großveranstaltungen mit hohem Risiko – also nicht um reguläre Polizeieinsätze. Zudem geht es eben um gewinnorientierte Großveranstaltungen. Mit Demonstrationen verdient niemand Geld, sie sind allenfalls kostendeckend. Beim Kölner Karneval ist das schon schwieriger, im Endergebnis aber wahrscheinlich abzulehnen. 

Dies liegt vor allem daran, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung bei solchen Veranstaltungen zum Bereich der Versammlungsfreiheit anders ausfallen würde:

Das Bundesverfassungsgericht prüft im Urteil zwar die Berufsfreiheit der Veranstalter, aber die Argumentation könnte sich auf die Versammlungsfreiheit übertragen lassen. Das kann man so allerdings nicht sagen:

Das BVerfG gebietet dieser Argumentation allerdings Einhalt – denn es bildet in Rn. 119 im Rahmen der Ungleichbehandlungsprüfung als Vergleichsgruppe die stereotype linke Großdemonstration: Gerade auf einer Veranstaltung von über 5.000 Menschen, bei der erfahrungsgemäß Gewalthandlungen zu erwarten sind, sind die Gebühren eben wegen der fehlenden Gewinnorienteriung nicht anwendbar. Damit erstickt das Bundesverfassungsgericht die Argumentation über mögliche Gesetze, die für den polizeilichen Mehraufwand von Demonstrationen Gebühren verlangen wollen, bereits im Urteil. Das macht auch Sinn, denn wenn Veranstalter oder Veranstalterinnen befürchten müssen, dass sie nach der Demonstration zur Kasse gebeten werden, dann findet die Demo vielleicht gar nicht erst statt. Dazu kommt: Der Einfluss von Demonstrationen für die Meinungsbildung wächst mit ihrer Größe – je mehr Menschen zusammenkommen und ihre Unzufriedenheit äußern, desto wichtiger ist das für das demokratische Gemeinwesen. Aber Großdemonstrationen wären besonders betroffen von Gebühren. 

Zudem ist zu bedenken, dass Demonstrationen oft einen eigenen Verlauf nehmen, der nicht durch die Veranstalter oder Veranstalterinnen zu steuern ist. Zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt es vielleicht auch erst dann, wenn es zum Kontakt mit einer Gegendemonstration kommt.

Eine Parallele könnte gezogen werden zur Handhabung mit Reinigungskosten nach einer Großveranstaltung (siehe https://www.protestomat.org/2024/10/12/protest-geht-muell-bleibt/). Private Veranstalterinnen und Veranstalter können zur Kasse gebeten werden, Veranstalterinnen und Veranstalter von Demonstrationen grundsätzlich erstmal nicht, denn die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht. Der Staat muss sie nicht nur erlauben, sondern auch fördern. Im Sinne der Freiheit müssen die Kosten für die Reinigung ausgehalten werden. Das ist etwas Gutes: Freiheit ist so wertvoll, dass sie auch etwas kosten darf. 
Dies gilt so übertragen wohl auch für polizeilichen Mehraufwand bei Demonstrationen.